(Zusammenfassung eines Artikels aus „DerStandard“)
Nach dem Amoklauf an einer Schule in Graz, bei dem mehrere Menschen getötet wurden, spricht der renommierte Psychiater Reinhard Haller (Website) über mögliche psychische Ursachen solcher Taten. Seiner Einschätzung nach ist die Schule für viele Täter ein Symbol für Kränkung und gesellschaftliche Ausgrenzung. Die Tat ist selten spontan – vielmehr handle es sich um eine geplante Racheaktion an einem System, das als kalt und ablehnend erlebt wurde.
Zwei Merkmale sind laut Haller bei sogenannten School Shootings besonders auffällig: eine leichte Verfügbarkeit von Waffen und eine tiefe persönliche Kränkung. Oft seien es kleine Demütigungen – Sticheleien oder schulische Niederlagen –, die für die Betroffenen aber eine enorme seelische Wunde hinterlassen. Die Täter sehen in der Schule nicht einzelne Personen als Ziel, sondern sie greifen die Institution selbst an, als Stellvertreterin für eine Gesellschaft, die sie nicht gesehen oder verstanden hat.
Viele der Täter gelten im Vorfeld als unauffällig. Sie stammen nicht zwingend aus schwierigen Verhältnissen und zeigen kaum auffälliges Verhalten. Das macht präventives Handeln besonders schwierig.
Was wir aus psychotherapeutischer Sicht daraus lernen können
Haller schlägt drei Ansätze zur Prävention vor:
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Frühwarnsysteme: Schulpsychologische und kriminologische Fortschritte haben bereits geholfen, manche Taten zu verhindern.
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Gespräche bei Krisen: Bei schwierigen schulischen Situationen (z. B. Entlassungen) sollte man Betroffene aktiv befragen: Was brauchst du? Was passiert gerade mit dir?
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Offenheit für stille Not: Manche Jugendliche empfinden eine tiefe innere Einsamkeit – sprechen aber nicht darüber, weil Schwäche zeigen (z. B. bei Burschen) als „unmännlich“ gilt. Diese Menschen brauchen Aufmerksamkeit und Gesprächsangebote, bevor sie sich völlig zurückziehen.
Relevante und dazu passende Themen auf meiner Website
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Angststörungen: Zeugen, Betroffene und Angehörige können nach solchen Ereignissen unter anhaltender Angst oder Panik leiden.
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Depressionen: Gefühle von Leere, Isolation und Kränkung stehen oft im Hintergrund solcher Taten – aber auch im Erleben danach.
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Krisen: Die Eskalation zeigt, wie wichtig Krisenintervention und rechtzeitige Begleitung bei emotionaler Überforderung sind.
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Trauer: Die Verarbeitung eines plötzlichen Verlusts braucht Raum, Halt und Zeit – besonders bei familiären oder schulischen Bindungen.
Fazit
Der Fall in Graz erinnert uns schmerzhaft daran, wie wichtig es ist, auch die „stillen“ Jugendlichen nicht aus dem Blick zu verlieren – jene, die keine Probleme machen, aber tief verletzt sind. Psychotherapie kann genau hier ansetzen: zuhören, anerkennen, begleiten – bevor innere Kränkungen zerstörerisch nach außen dringen.
Den ganzen Artikel in DerStandard können Sie hier nachlesen.
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